Gegenwärtig kommt eine Steuerfreiheit der Umsätze insoweit in Betracht, als Fahrschulen Lehrgänge zur Ausbildung für die Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, D, DE, D1, D1E, T und L durchführen, da diese Leistungen aus Sicht der Finanzverwaltung in der Regel der Berufsausbildung dienen.
Im Streitfall ging es jedoch um die Erteilung von Fahrunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1 – und hier besteht nach deutschem Recht eine Umsatzsteuerpflicht. Fahrschulen sind insoweit keine allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, wie es das Umsatzsteuergesetz für die Steuerfreiheit voraussetzt. Im Streitfall fehlte es zudem an der dort genannten berufs- oder prüfungsvorbereitenden Bescheinigung.
Mit dem Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs soll geklärt werden, ob der Fahrschulunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1 aus Gründen des Unionsrechts steuerfrei ist. Bei der Umsatzsteuer hat der nationale Gesetzgeber nämlich die Bindungen der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) zu beachten. Setzt das nationale Recht eine Steuerfreiheit der Richtlinie nur ungenügend um, besteht für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit, sich auf die Richtlinie zu berufen.
Nach Artikel 132 MwStSystRL sind Umsätze steuerfrei, die durch „Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen“ entstehen. Ebenfalls steuerfrei ist „von Privatlehrern erteilter Schul- und Hochschulunterricht“. Da die Auslegung der Richtlinie zweifelhaft ist, hat der Bundesfinanzhof dem Europäischen Gerichtshof nun diverse Fragen zur Umsatzsteuerpflicht für die Erteilung von Fahrschulunterricht vorgelegt.
Praxishinweis | Der Bundesfinanzhof weist darauf hin, dass die vom Europäischen Gerichtshof zu treffende Entscheidung von erheblicher Bedeutung für die Umsatzbesteuerung der über 10.000 Fahrschulen in Deutschland ist. Fahrschulen sollten Steuerfestsetzungen daher offenhalten.
Quelle | BFH, Beschluss vom 16.3.2017, Az. V R 38/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 195403; BFH, PM Nr. 49 vom 26.7.2017